Veranstaltung: | 37. ORDENTLICHE LANDESDELEGIERTENKONFERENZ BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BRANDENBURG, 16.04.2016, Wittenberge |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 2. Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 16.04.2016) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.04.2016, 13:19 |
R 3 neu: Zielkonflikte bei der Windkraft müssen abgewogen und dürfen nicht einseitig gelöst werden
Antragstext
Lage und Größe der Windeignungsgebiete werden in Brandenburg durch die fünf
Regionalen Planungsgemeinschaften (RPG) in ihren Teilregionalplänen Wind
definiert. In zwei RPG beträgt darin der geltende Mindestabstand zur
Wohnbebauung lediglich 500 m, in einer 800 m. Das bedeutet, dass
Windenergieanlagen zu großen Teilen mit Abständen von unter 1.000 Metern zur
Wohnbebauung errichtet wurden und, solange diese Pläne noch gültig sind, auch
weiterhin errichtet werden. Darüber hinaus wurden teilweise wertvolle
Waldflächen geopfert. Bis auf die Flächenbesitzer profitieren Gemeinden und
Anwohner nicht oder selten von den Erträgen der Anlagen.
Die Kritik an diesen Zuständen teilen wir. Auch wir wollen höhere
Mindestabstände zur Wohnbebauung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben bereits 2010
einen Mindestabstand von 1.000 Metern zur Wohnbebauung gefordert, die Errichtung
von Windenergieanlagen im Wald nur in sehr engen Grenzen für hinnehmbar erklärt
und die finanzielle Beteiligung der Anlieger angemahnt. Entsprechend fordern wir
nach wie vor in allen Regionalplänen Brandenburgs einen Mindestabstand von 1.000
m festzulegen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teilen das in der Energiestrategie 2030 der
Landesregierung definierte Ziel, zwei Prozent der Landesfläche für die mögliche
Errichtung von Windenergieanlagen auszuweisen. Mit diesem mittelbaren Ziel soll
das unmittelbare Ziel einer ausreichenden Windstromversorgung erreicht werden,
um auf Braunkohleverstromung verzichten und eine 100%ige Versorgung durch
Erneuerbare Energie gewährleisten zu können. Die Regionalpläne Wind stehen damit
vor der Aufgabe diesen Zielkonflikt rechtssicher zu lösen. Mit der technischen
Entwicklung geht sowohl eine ständig steigende Effizienz als auch ein
kontinuierliches Größenwachstum der Anlagen einher. Sowohl die Mindestabstände
als auch der prognostizierte Flächenbedarf müssen vor dem Hintergrund dieser
Entwicklung stets hinterfragt und ggf. angepasst werden.
In diese Richtung geht auch die erste Forderung des Volksbegehrens „Rettet
Brandenburg“; schießt dabei aber völlig über das Ziel hinaus. Danach sollen die
Abstände von Windenergieanlagen das 10-fache der Gesamthöhe der Anlage zu
jeglicher Wohnbebauung betragen (10-H-Regelung). Diese Forderung kollidiert in
ihrer Qualität aber mit der Anforderung des Bundesverwaltungsgerichts der
Windenergie „substantiell Raum zu schaffen“ und ist auch nicht mit den Zielen
der Energiestrategie 2030 vereinbar.
Für eine weiterhin erfolgreiche Energiewende ist die Neueinrichtung oder das
Repowering mit höheren Windenergieanlagen, die proportional eine deutlich höhere
Auslastung vorweisen können, notwendig. Jedoch würde sich bei einer
Windenergieanlagenhöhe von 175 Metern und einem durch die 10-H-Regelung
verbundenen Abstand von 1.750 Metern der Suchraum auf 1,5 % der Landesfläche
reduzieren. Dieser Suchraum müsste dann noch nach anderen Ausschlusskriterien,
wie Schutzgebiete, Tierökologische Abstandskriterien usw. eingeengt werden. Das
würde letztlich dazu führen, dass keine einzige moderne Windenergieanlage mehr
in Brandenburg errichtet werden könnte.
Die Realisierung der 10-H-Regelung würde im Endeffekt zu einer Verlängerung der
äußerst klimaschädlichen Braunkohleförderung führen und auch damit den
Klimaschutzzielen entgegenstehen. Zum Schutzgut Mensch gehören die unmittelbar
von der Nähe von Windenergieanlagen Betroffenen, zugleich aber auch die vom
Klimawandel Betroffenen. Daher müssen wir die 10-H-Forderung ablehnen.
Die zweite Forderung des Volksbegehrens, Waldgebiete grundsätzlich von der
Bebauung mit Windkraftanlagen auszuschließen, löst den Zielkonflikt zwischen
Klimaschutz und Naturschutz allein zugunsten des Naturschutzes. Leider wird von
Teilen der Initiator*innen der menschengemachte Klimawandel geleugnet und
Braunkohle protegiert. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Brandenburg sind der Überzeugung,
dass sowohl der Schutz des Klimas als auch der Biologischen Vielfalt von hohem
gesellschaftlichen Interesse sind und Lösungen gefunden werden müssen, die
möglichst mit beiden Zielen verträglich sind.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollen deshalb strukturreiche Wälder geschützt,
Windenergieanlagen in monotonen Kiefernforsten ohne Schutzstatus jedoch möglich
sein. Um die dort jagenden Fledermäuse nicht zu schädigen, ist über den
Baumwipfeln ein Mindestabstand von 30 Metern zum Rotor vorzusehen. Wenn sich ein
zusätzlicher Schutz als notwendig erweist, können auch zeitweise Abschaltungen
angeordnet werden.
Also: Klimaschutz, Naturschutz und Rücksicht auf die von den Anlagen betroffenen
Menschen müssen gleichberechtigt abgewogen werden. Keines dieser Ziele darf über
dem anderen stehen.
Kommentare