Veranstaltung: | 37. ORDENTLICHE LANDESDELEGIERTENKONFERENZ BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BRANDENBURG, 16.04.2016, Wittenberge |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 2. Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 18.03.2016, 09:01 |
R2: Klimaschutz, Lärmschutz und Wirtschaftlichkeit - den BER weiter kritisch begleiten
Antragstext
Der BER ist noch nicht einmal fertig, da gab es bereits zwei landesweite
Volksbegehren, die sich ihm widmeten. Das Volksbegehren für ein Nachtflugverbot
brachte es auf über 100.000 Amtseintragungen, das Volksbegehren gegen eine
dritte Startbahn auf über 50.000. Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg haben beide
Begehren unterstützt und setzt sich auch zukünftig für die darin formulierten
Ziele ein. Der BER benötigt unbedingt eine Weiterführung der kritischen
Begleitung durch Bürgerinnen und Bürger, Verbände und bündnisgrüne Politik.
Der ohnehin hohe Handlungsdruck für den Luftverkehr ist durch das
Klimaschutzabkommen von Paris noch einmal gestiegen. Über 60 Prozent der
Klimabelastungen des Verkehrssektors aus der Region Brandenburg-Berlin lagen
2012 beim von hier „verursachten“ Luftverkehr. Die Klimaziele von Bund und Land
sind mit einem unendlichen Wachstums des Luftverkehrs schlicht nicht erreichbar.
In der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes spielt der Flughafen bislang keine
Rolle. Aktuell erarbeitet die Landesregierung ein Mobilitätskonzept, in dessen
bisherigen Eckpunkten der Flughafen ebenfalls keine Rolle spielt. Das Wort
Klimaschutz taucht erst gar nicht auf.
Wir fordern dagegen ein Mobilitätskonzept, welches den Flughafen mitbetrachtet.
Eine Reduzierung von Umweltbelastungen wie Lärm und Klimafolgen muss darin als
übergreifendes Ziel formuliert und Maßnahmen davon abgeleitet werden.
Dazu gehört die Internalisierung der externen Kosten. Kurzfristig sollen deshalb
die CO2 Emissionen aus dem Betrieb des Flughafens und damit die Klimawirkung
sämtlicher Flüge von und zum BER durch CO2-Kompensationsmaßnahmen nach Gold-
Standard neutralisiert werden.Eine verbindliche Lärmminderungsstrategie für den
BER und eine bessere Anbindung Brandenburgs an das Fernverkehrsnetzes der
Deutschen Bahn müssen auch in das Mobilitätskonzept aufgenommen werden.
Wir wollen einen Hauptstadtflughafen, der von 22 bis 6 Uhr eine Nachtruhe hält
und mit zwei Start- und Landebahnen auskommt. Der Flughafen hat in den
vergangenen Jahren hohe Verluste ausgeweisen müssen. Für einen wirtschaftlichen
BER muss es eine glaubwürdige und transparente Kehrtwende der Landesregierung
weg von einer drohenden Dauersubventionierung des BER hin zu einem
kostendeckenden Betrieb geben..
Dazu fordern wir:
1. Die im Vergleich viel zu niedrigen Start- und Landegebühren müssen erhöht
werden.
2. Entgelte sollten stärker pro Start statt pro Passagier erhoben werden, um das
Auslastungsrisiko vom BER auf die Fluggesellschaften zu übertragen.
3. Unterschiedliche Gebühren zu unterschiedlich stark nachgefragten Tageszeiten,
sollen zu einer gleichmäßigeren Auslastung der Infrastruktur im Tagesgang
führen. Im Zweifel soll der Handel von Landungsrechten zu Spitzenzeiten möglich
sein.
4. Die lärmabhängigen Entgeltanteile sollen erhöht und stärker gespreizt werden
und in den Randzeiten angehoben werden. Rabatte für Fluggesellschaften, die eine
Übernachfrage induzieren, sollen abgebaut werden.
5. Das Geschäftsfeld Flugbetrieb soll getrennt wirtschaften, um
Quersubventionierung des Flugverkehrs durch den Non-Aviation-Bereich zu
vermeiden.
Begründung
Mehr als 50.000 Stimmen für ein Volksbegehren gegen eine 3. Startbahn am BER zeigen, dass die Anwohner des BER wenig Vertrauen in die Flughafenpolitik der Landesregierung haben. Obwohl die rot-rote Regierungskoalition ihr Nein zu einer 3. Startbahn mehrfach bekräftigt hat, gehen die Menschen zu Recht davon aus, dass sie vor einem weiteren Ausbau des Flughafens nicht wirkungsvoll geschützt sind.
Denn die Absage der Regierungsparteien an eine 3. Startbahn gründet sich nur darauf, dass man derzeit keinen technischen Bedarf für eine wesentliche Flughafenerweiterung sieht. Auf der anderen Seite unterstützt die Landesregierung einen offensiven und kostspieligen Wachstumskurs der Flughafengesellschaft. Mittelfristig würde so der Bau einer 3. Start- und Landebahn am BER unvermeidlich. Damit würden sich die schweren Fehler wiederholen, die in Hessen beim Frankfurter Flughafen gemacht wurden. Auch dort gab es politische Festlegungen auf einen Wachstumsstopp und sogar eine Reihe von Gesetzen, die einen Ausbau von FRAPORT über die bestehenden Grenzen verhindern sollten. Als der Flughafen – auch aufgrund einer offensiven, von der Politik unterstützten Wachstumspolitik – an seine Kapazitätsgrenzen stieß, wurden die Versprechen der Politik zurückgenommen und die Schutzgesetze kassiert. Brandenburg braucht deshalb eine Flughafenpolitik, die sich aus grundsätzlichen Überlegungen des Anwohnerschutzes gegen einen weiteren Ausbau des BER ausspricht und dies auch durch eine entsprechende Politik unterstützt. Dazu gehört nach wie vor die zügige Realisierung des vorgeschriebenen Schallschutzes.
Das kürzlich vorgestellte Luftverkehrskonzept des BUND für Berlin und Brandenburg macht außerdem deutlich, dass ein weiteres Wachstum des Luftverkehrs mit den Klimaschutzzielen, zu denen sich auch die Bundesrepublik Deutschland in Paris verpflichtet hat, nicht vereinbar ist. Laut BUND wird dem BER im Jahr 2020 eine Klimabelastung von 9,4 Mio Tonnen CO2Eq pro Jahr zugerechnet, die bis 2030 auf 11,1 Mio Tonnen CO2Eq steigen wird. Damit ist der Flughafen bei der Freisetzung von klimaschädlichen Abgasen im Brandenburg der größte Einzelposten nach den Braunkohlekraftwerken. Ein Wachstum des Flugverkehrs am BER würde die Erfolge beim Klimaschutz in anderen Bereichen in Brandenburg zunichte machen. Ein ernsthaftes Verfolgen der Klimaschutzziele erfordert deshalb ein Umdenken und eine Reihe von Maßnahmen wie sie in dem BUND Gutachten vorgestellt sind.
Eine neue Studie im Auftrag der Landtagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen zeigt, wie durch eine bessere Gestaltung der Gebühren die Nachfrage nach Flugverkehr, der Schutz der Anwohner und des Klimas und die Erwartungen der Steuerzahler besser in Übereinstimmung gebracht werden können. Die vorgelegte Studie gibt zahlreiche Hinweise an den Bund, die Länder und die Betreiber von Flughäfen, wie man die Flughafenentgelte so gestalten kann, dass Kosten von Flughäfen stärker auf die Airlines verlagert werden können. Für die Situation in Berlin heißt das, dass ein weitgehend kostendeckender Betrieb des neuen Flughafens möglich ist. Dabei können die am BER gemachten kostspieligen Baufehler jedoch nicht vollständig berücksichtigt werden.
Um den Flugbetrieb am zukünftigen Hauptstadtflughafen weitgehend kostendeckend zu gestalten und damit die Subventionierung von Fluggesellschaften am BER zu senken, müssen die Flughafengebühren der hohen Nachfrage am Standort entsprechend erhöht und damit die Nachfrage gebremst werden. Erweiterungsinvestitionen sind grundsätzlich mit hohen Kosten verbunden und daher zu vermeiden.
Alternativ zu einem möglichen Handel von Landerechten zwischen den Airlines schlagen wir vor, die Kosten eines Flughafens nicht einfach auf eine durchschnittliche Leistung umzulegen, sondern Leistungen zu Spitzenzeiten teurer und Leistungen an schwachen Zeiten billiger zu machen (Peak-Load-Pricing). Dies bewirkt eine entsprechende Steuerung der Nachfrage. An den Bund richtet sich die Forderung, ausgelasteten Flughäfen generell die Möglichkeit einzuräumen, ihre Preise so zu setzen, dass die Überschussnachfrage abgebaut wird. Dazu sind die Preise so hoch zu setzen, dass alle Überschussnachfrager abgeschreckt werden, so dass die verbleibenden Airlines den Flughafen gerade auslasten. Wir setzen deswegen auch auf eine baldige Aufsicht über die Flughäfen durch die Bundesnetzagentur.
Änderungsanträge
- Ä1 (Thomas von Gizycki, Eingereicht)
Kommentare